Ich habe vor vielen Jahren mal mit Heise eine Tour gemacht, wo sie von den großen Antivirus-Anbietern Leute da hatten, mit denen ich dann auf einem Podium debattieren sollte, ob das Schlangenöl ist oder nicht.
Ich bin heute noch erstaunt, dass Heise es überhaupt geschafft hat, da jemanden zu finden. Denn eine Sache fällt auf bei solchen Branchen: Die mögen auf der Bühne neben sich nur Leute, die entweder von ihnen abhängig sind oder Dollarzeichen in den Augen haben und auch ein paar Brotkrumen vom großen Abzock-Teller haben wollen. Keinen Bock haben die darauf, dass da jemand dem Publikum Zusammenhänge erklärt, wie z.B. dass ihr gesamtes Geschäftsmodell unseriös ist und Schlangenöl am Ende eher schadet als nutzt.
Früher dachte ich mir, das liegt daran, dass meine Argumente so gut sind. Das glaube ich inzwischen nicht mehr. Ich fürchte, die Güte der Argumente ist egal. Es geht darum, das Branding nicht zu besudeln.
Das ist ein bisschen wie bei Hütchenspielern in Fußgängerzonen. Die sind auch schnell weg, wenn jemand zu genau hinguckt oder wie ein Polizist oder vom Ordnungsamt aussieht. Die bleiben nicht lange genug, um herauszufinden, ob die Gegenseite sich gut vorbereitet hat.
Jedenfalls begleitet mich dieses Phänomen schon eine Weile. Ich habe jahrelang erlebt, wie das BSI Vorträge auf Konferenzen angekündigt hat, und dann in letzter Minute absagten, wenn sie hörten, dass ich auch vortrage. Klar, das regiert sich viel einfacher durch, wenn man nie peinliche Fragen gestellt kriegt.
Natürlich sagt mir in solchen Fällen niemand, dass die meinetwegen nicht gekommen sind, sondern es gibt irgendeinen plötzlichen Terminkonflikt, wissenschon, wie hier oben sind ja wichtig-wichtig und du da unten bist bloß ein kleiner Blogger, würdest du nicht verstehen *abwink*
Nur ist nach ein paar Jahrzehnten davon die Korrelation stark genug, dass sich gewisse Fragen zu stellen anfangen.
Jetzt habe ich gerade wieder so einen Fall, wo ein Podium auf einer Security-Veranstaltung mit mir geplant war. Die Veranstaltung hatte die größten Marktteilnehmer aus dem Gebiet angefragt. Die hatten alle begeistert zugesagt. Klar, kostenlose Werbeplattform? Dollarzeichen in den Augen!
Dann perkolierte das innerhalb der jeweiligen Organisation hoch, bis jemand wusste, wie man eine Suchmaschine bediente. Derjenige googelte dann die anderen Leute auf dem Podium, fand mich, fand meine Vorträge zu dem Thema, und plötzlich wollte der Riesenkonzern doch lieber keinen mehr hinschicken zu dem Podium.
Ich brauche glaube ich mal so ein Sankt-Fefe-der-Drachentöter-Wappen oder so.
Ist schon schön, dass ich in der privilegierten Situation bin, mir eine freie Meinungsäußerung leisten zu können. Dafür bin ich halt auch nicht reich und habe keinen Alkohol- und kein Koks-Problem und es gibt auch kein peinliches Kompromat von mir.
Auf der anderen Seite ist es schon unbefriedigend. Ich publiziere hier immer schön meine Folien, ab und zu schreibt mir jemand, dass er die mal bei sich intern rumzeigen wird, aber mehr höre ich eigentlich nie. Eigentlich schade, denn ohne Feedback iteriert sich das nicht gut.
Hey, oder vielleicht ich sollte mal ein bisschen tricksen, und mich da unter einem Pseudonym hinstellen und dann in letzter Minute, wenn die schon auf dem Podium stehen, verkünden, der andere hatte leider einen kurzfristigen Terminkonflikt *zwinker*, daher springt jetzt der Herr von Leitner kurzfristig ein.
Das Betrücksten an der ganzen Nummer ist, wie die Kunden trotzdem bei denen kaufen, weil deren Verhalten offensichtlich noch nicht unseriös genug wirkt. Es guckt ja auch keiner vorher hin, ob das vielleicht ein Betrüger ist. Denn sonst könnte man rausfinden, dass das ein Betrüger ist, und dann kann man danach nicht mehr Unwissen heucheln, auf der Gartner-Quadranten zeigen und sich als das eigentliche Opfer hier inszenieren.
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